Gilt gutes Benehmen nicht für alle?

Was ist nur aus Verständnis, Nächstenliebe und dem guten alten „Zuhören“ geworden? Warum nehmen sich nur noch wenige die Zeit auf andere Menschen ein zu gehen? Jugendliche denken, wer am lautesten seine Meinung vertritt hat Recht, andere meinen, dass Gewalt die ultimative Lösung ist. Gut, das es da noch Menschen gibt, die das alles nicht interessiert. Wieso schreien, wieso Gewalt, wenn man doch einfach ignorieren kann.

Bei meinem gestrigen Billardspiel habe ich mir diese Fähigkeit auch gewünscht.

Ey digga…“ – „Ey allter…“ Deutsche Sprache im Wandel der Zeit. Ich habe damit so meine Probleme. Nun ja, der Informationsaustausch der Jugendlichen am Nachbartisch funktionierte. 3 junge Kerle, die wussten was der andere von einem will. Eine Sprache, eine Gestik, eine Welt. Das ein Mensch in meinem nicht mehr pubertärem Alter da gerne mal nicht mitkommt, liegt vielleicht auch daran, dass meine Generation noch vollständige Sätze spricht.

Gib ma Kugel!“ – für so einen Satz hätte mein Vater mir ein paar hinter die Ohren gegeben und mich dann gefragt, ob ich mir keine Zeit mehr für Kleinigkeiten nehmen kann, „Gib mir mal bitte DIE Kugel!“- und dann hätte er mir gedroht mal ein ernstes Wörtchen mit meiner Lehrerin zu sprechen. Zu hören und Fehler erkennen, soviel Zeit muss sein. Auch wenn man nicht eine Sprache spricht, obwohl man aus einem Land kommt, ist es unhöflich sich seinem Gesprächspartner ab zu wenden und die eigene Meinung zu nehmen um grinsend weg zu gehen.

Höflichkeit, ein einfaches Wort, mit doch soviel Kraft. Ich kann mit Höflichkeit Freunde für mich einnehmen, meiner Meinung eine gewisse Wichtigkeit verleihen, oder durch nicht an gebrachte Höflichkeit Menschen verärgern. Kritik kann ich so sehr gut und vor allem angenehm für meinen Gesprächspartner verpacken. Positive wie auch negative Argumente werde so ganz anders wahrgenommen. Zwischenmenschlich siegt auf Dauer immer die Höflichkeit in Kombination mit gutem Benehmen. Etwas vom anderen Aufgreifen, denn so zeigt man, dass man zugehört hat und dann mit weichen Gesten und ruhig gesprochenen Worten kritisieren. Ist das denn so schwer?

In den letzten Tagen war die Bloggerwelt in Aufruhr, zu Recht, wie ich finde. Es wurden Arbeitskreise gegründet, sich mit dem Thema auseinander gesetzt, Lösungsvorschläge erarbeitet und eine Petition auf den Weg gebracht. Meinungsäußerungen, die verstummt in der Ecke liegen blieben. Es wurde nicht zugehört. In einem normalen Gespräch, in dem sich Menschen gegenüber stehen, könnte man jetzt einfach weggehen, oder den anderen mal anticken – „Hast du mir überhaupt zugehört?“ Bei Konversationen die über 100 Kanäle laufen ein wenig schwierig. Es hat sich leider gezeigt, dass wir Menschen unser Vertrauen schenkten, die diesem nicht würdig sind. Ich mag unhöfliche Menschen nicht, ich mag keine Menschen, die einfachste Konversations- und Gesellschaftsregeln nicht beherrschen. So etwas ist mir zuwider. Wer meine Person als nicht gesprächsfähigen Menschen sieht, mit dem werde ich nicht sprechen. Muss ich ja auch nicht mehr lange, aber das liegt nicht nur an mir. Im Herbst sind wieder Wahlen, nur diesmal wählen wir nicht nur eine Partei, diesmal wählen wir hoffentlich Menschen, die uns zuhören und den Gesprächsknigge nicht im Regal verstauben lassen. Ich bin doch nicht der Arsch, der Frau Merkel und Co. als Legitimation für ihren Ausspruch „Wir haben einen klaren Wählerauftrag bekommen!“ dient. Nein, da spiel ich nicht mehr mit. Ich bin bestimmt nicht Politikverdrossen, davon bin ich wirklich noch weit entfernt, aber ich habe keine Lust mehr mich von Weltfremden Menschen, Menschen die den Kontakt zum Boden verloren haben, regieren zu lassen. Ich habe auch Rechte. Leider darf ich aber nur meiner Pflicht als Staatsbürger nachkommen und artig mein Kreuzchen machen. Da stimmt was nicht, aber was weiß ich schon? Ich bin ja nur ein wahlmündiger Bürger!

19 Responses to Gilt gutes Benehmen nicht für alle?

  1. Reizzentrum says:

    *klapp-klapp-klapp* Ein WUNDERSCHÖNER Artikel lieber Kai.

  2. Pingback: Höflichkeit und Kommunikation | Reizzentrum

  3. kuschelpunker says:

    erschütternd, dass jugerndliche wie erwachsene sind und umgekehrt, oder? sollte es da nicht doch wenigstens ein bisschen unterschied geben? ich hab mich ganz schön erschrocken als ich diesen artikel schrieb.

  4. Reizzentrum says:

    Vor allem: Sollten nicht gerade Politiker den Jugendlichen ein Vorbild sein?

  5. kuschelpunker says:

    na, wenn du da mal nicht zuviel erwartest!

    fussballer werden öffentlich an den pranger gestellt für jedes noch so kleine fehlverhalten. politiker sind von der presse davon wohl ausgenommen. aber na ja, es gibt ja keine zensur, also müssen wir das mal alles glauben!

  6. Tefnut says:

    Genial geschrieben und den Nagel auf den Kopf getroffen 😉

  7. Pingback: Ohne Worte: « HansCustom

  8. Thearcadier says:

    Oh, sehr guter Text, den muss ich vorhin übersehen haben. Cool finde ich diese 90er-Jahre-3er-BMW-Fraktion. Eh, krasse 3er, alter. Hassu auch konkret tiefer gelegt?

    Ich lach mich bei der Sprache immer total schlapp.

    Was den Rest angeht, hast Du Dich da ja mit dem gleichen Kram beschäftigt wie ich – nur anders^^. Und was ich darüber denke, weißte ja^^

  9. kuschelpunker says:

    weil unsere artikel so gut passen dachte ich schon – warum auch immer – das dein artikel von meinem beeinflusst wurde. vielleicht ein wenig zu hoch von mir gegriffen „g“

  10. kuschelpunker says:

    grunsätzlich muss ich aber – einfach mal als nachtrag geschrieben – sage, dass die jugend irgendwie vernachlässigt wird, denn wie sonst würde sowas zu stande kommen?

  11. thearcadier says:

    Ach, wieso hochgegriffen? Bin genauso ein Promi-A-Schieß-mich-tot-Blogger wie Du^^.

    Natürlich wird die Jugend vernachlässigt. Jugendheime werden geschlossen, weil zu teuer, Turnhallen von Schulen an Vereine vermietet. Wo sollen die Jugendlichen hin? Und wenn se dann vorm PC hocken, ist auch nicht gut. Dann gehn se in den Park saufen, ist auch nicht gut. Draußen spielen (für die kleineren) ist zu laut…Da kann man schon mal verzweifeln.

  12. kuschelpunker says:

    „lach“ ja mit dem bloggerprofil magste vielleicht sogar recht haben.

    wenn die kleinen wenigstens aus dem pc noch infos ziehen würde, aber das tun sie ja leider nicht. woher sollen sie es auch gelernt haben? wer soll es ihnen beibringen? die meisten eltern sind doch stumpfe leser ihrer vorgefertigten meinung, oder?

  13. thearcadier says:

    Machen wir hier Kommentartausch? Seeeeehr lustig!

    Ja eben, sie können es nicht lernen. Wenn ich mich an meine Oberstufenzeit erinnere (Abi 2006), wenn wir da am PC saßen, war das immer wie ne Zeitreise für mich – in eine Zeit als Mädchen noch doof, der Sack noch nackt und die Stimme hoch war. Wir brauchen dringend Medienkompetenz in der Schule.

    Leider ist das mit der vorgefertigten Meinung nicht zu unterschätzen. Es ist ja auch sehr bequem in einem simplen Weltbild. Wieso hast Du eigentlich keinen Job, Du bist doch ziemlich fit im Sinne von Nicht-aufn-Kopf-Gefallen.

  14. kuschelpunker says:

    „seeeeehr laut lach“ stimmt! wir kommentieren gerade gegenseitg unsere artikel, auch mal ne nette aktion, oder? „brüll“

    ich denke die vorgefertigte meinung wird sich sicherlich noch lange halten, leider?

    vielleicht is mein „ich bin nicht auf den kopf gefallen“ genau mein problem. mein praktikum, von dem ich nichts schreib, weil ich hoffte einen positiven ausgang melden zu können, verlief gut. meine zeugnisse sind ausgezeichnet. leider hat das unternehmen keine freie stelle. das empfehlunsschreien werd ich dennoch positiv verwenden können. ich werd schon was finden. so schnell geb ich nicht auf!!!

  15. leaclow says:

    dann schalte ich mich mal ein, damit das hier keine zwei-mann-show wird;)… ich war die letzten tage nicht in wordpress, sodass die „aufruhr“ hier an mir vorbei gegangen ist und mir so dein letzter absatz auch etwas schleierhaft bleibt. insgesamt finde ich deinen beitrag aber echt supi=)!
    zum thema. höflichkeit ist in den jüngeren kreisen tatsächlich ein fremdwort geworden. vor allem die neuen fünfte-klassen-generationen werden immer frecher – kleine biester *grummel*…was die sprache bestrifft, so gefällt es uns zwar nicht, aber die wandlung ist ganz normal. ich glaube kaum, dass ein in der klassig geborener mensch unser heutiges deutsch als „schön“ empfinden würde. oder man denke an einen barocken dichter im 17 jahrhundert. die würden wohl die hände über dem kopf zusammen schlagen…
    was schließlich die „vorgefertigte meinung“ betrifft, muss ich sagen, dass es mir zuweilen noch schwer fällt den schleier zu lüften. warum? ganz einfach: du lernst in der schule, dass das system, dass wir jetzt haben das beste unter allen ist, dass das was gemacht wird, das beste Handeln unter vielen möglichkeiten ist. manchmal kommt es mir vor wie gehirnwäsche…für die jüngeren generationen ist es schwer, das system in frage zu stellen, wenn sie keine allzu kritischen eltern – oder anders geartete vorbilder – haben, weil sie schlichtweg nichts anderes kennen…

    oh das war jetzt mal wieder ein laaaaaaaaanger aufsatz-.-“

    lg!

  16. kuschelpunker says:

    goethe und schiller würden sich bestimmt im grabe umdrehen, wenn sie uns heute sprechen hören würden, aber auch nur, weil der unterschied zu groß ist. insofern hinkt der vergleich vielleicht ein bisschen. Sprache ist schon imme den einflüssen von anderen sprachgebieten ausgesetzt gewesen, oder hättest du gedacht, dass das, heute so geläufige wort „gulasch“ nicht aus unserer region kommt? – es fällt aber dennoch sehr schwer sich an diese veränderung zu gewöhnen, mit anderen worten….ich kann meine eltern heute besser verstehen, denn schon zu meiner zeit haben wir neue worte kreirt. man was haben die manchmal doof geguckt.

    den schleier einer vorgefertigten meinung lüftet man am besten mit interesse. ich habe, wie ich weiß bin ich da nicht der einzige, viel politisches gelesen. habe mich z.b. mit dem anarchismus und dem kommunismus aus einander gesetzt. es dauerte natürlich ehe ich alles verstand, aber gelohnt hat es sich. einfach ein bisschen mehr interesse zeigen, viele fragen stellen, und versuchen seine eigenen schlüsse zu ziehen. – kurz um: einfach über den tellerrand hinausschauen, dann wird das schon!

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